Graue Haare
Nur alte Menschen haben graues Haar – so die landläufige Meinung. Dies ist ein Irrtum, denn es gibt auch junge Menschen, die frühzeitig ergraut sind. Bei einigen hat man den Eindruck, dass das Ganze über Nacht passiert ist. Vielfach wird der Farbwechsel der Haare daher auch als Zeichen von Stress gesehen, aber ist es tatsächlich möglich, über Nacht graue Haare zu bekommen? Genau genommen gibt es Grau als natürliche Haarfarbe gar nicht, es ist lediglich ein optischer Eindruck.
Grau ist keine Haarfarbe
Sind Haar grau, dann ist dies immer das Ergebnis von pigmentierten und pigmentlosen Haaren, ein echtes graues Haar ist dabei jedoch nicht zu finden. Graue Haare entstehen in den Haarwurzeln, die im Laufe des Lebens die Produktion des Farbpigments Melanin immer mehr reduzieren und eines Tages dann ganz einstellen. Der Vorrat an sogenannten Pigmentstammzellen, in denen die Wurzeln der Haare vom Tag der Geburt an festgelegt sind, ist alsdann erschöpft, die Haare stellen keinen neuen Farbstoff mehr her. Dies ist die biologische Seite der grauen Haare, aber es gibt noch eine psychologische Seite, die ebenfalls etwas mit grauen Haaren zu tun hat. So soll Stress dafür sorgen, dass die Haare plötzlich über Nacht grau werden, aber ist das wissenschaftlich überhaupt belegbar?
Viel Kummer sorgt für graue Haare
Es gibt ihn wirklich, den Zusammenhang zwischen psychischem Stress und den grauen Haaren. Wissenschaftler der Duke University in den USA haben herausgefunden, dass permanenter Stress die DNA schädigen kann, das Ergebnis sind früh ergraute Haare. Die Haarwurzeln sind von einem sehr engmaschigen Netz aus feinen Nerven umgeben und die reagieren auf ganz unterschiedliche Art und Weise auf Botenstoffe, die bei Stress freigesetzt werden. Ihre Wirkung beschränkt sich dabei jedoch nicht nur auf die Pigmentzellen, es sind zugleich die Zellen betroffen, welche die Haare selbst produzieren. Ständiger Stress färbt also nicht nur die Haare grau, er kann ebenfalls für Haarausfall sorgen.
Ergrauen die Haare über Nacht?
Es gibt immer wieder Einzelfälle, in denen Menschen praktisch über Nacht ergraut sind. In solchen Fällen sind die Ursachen in schweren seelischen Belastungen der Betroffenen zu finden. Dabei handelt es sich allerdings um Einzelfälle, die extrem selten vorkommen. In der Regel hatten diejenigen, die in nur wenigen Stunden die Haarfarbe gewechselt haben, vorher schon vereinzelt graue Haare. Ein schwerer Schock kann im schlimmsten Fall eine Autoimmunerkrankung auslösen und in diesen Fällen kann es passieren, dass sich die körpereigenen Abwehrzellen auch gegen die pigmentierten Haare richten. In der gleichen Situation kommt es noch zu Haarausfall über Nacht. Zudem gibt es Studien, die einen Zusammenhang zwischen plötzlich ergrautem Haar und einem Herzinfarkt oder einem erhöhten Östrogenspiegel sehen. Inwiefern es da tatsächlich Zusammenhänge gibt, muss allerdings noch erforscht werden.
Fazit
Mit der französischen Königin Marie Antoinette gibt es sogar ein prominentes Beispiel für das Phänomen der ergrauten Haare über Nacht. Ihr Haar soll sich während der letzten Nacht vor der Hinrichtung am 16. Oktober 1793 in Paris komplett grau gefärbt haben. So berichten es zumindest Zeitzeugen, die die Königin am Vorabend und auf ihrem letzten Weg zum Place de la Concorde gesehen haben. In diesem Fall dürften eine extreme seelische Belastung und Stress wohl die Ursache gewesen sein.
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